Vergessene Zukunft - Roman by Heyne

Vergessene Zukunft - Roman by Heyne

Autor:Heyne
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Heyne
veröffentlicht: 2014-01-28T00:00:00+00:00


10

Verdoppelung

»Er führt getreulich alle Befehle aus, die ich ihm gebe«, schloss Alvin, »ganz gleich, wie kompliziert sie sind. Aber sobald ich ihm Fragen über seinen Ursprung stelle, erstarrt er zu Leblosigkeit.«

Die Maschine hing bewegungslos über dem Meisterassoziator. Ihre kristallenen Linsen glitzerten im silbrigen Licht wie große Juwelen. Von allen Robotern, die Rorden je gesehen hatte, war dieser hier der verblüffendste: Rorden glaubte mittlerweile, dass er von keiner menschlichen Zivilisation konstruiert worden war. So war es nicht überraschend, dass die Persönlichkeit des Meisters die Zeitalter überdauert hatte, wenn solche nie erlahmenden Diener die Erinnerung an ihn wach hielten.

Alvins Rückkehr hatte so viele Probleme aufgeworfen, dass Rorden es vorzog, nicht darüber nachzudenken. Selbst für ihn war es nicht einfach, die Existenz von Lys mit all den Folgerungen, die sich daraus ergaben, zu akzeptieren, und er fragte sich, wie Diaspar auf das neue Wissen reagieren würde. Wahrscheinlich würde die enorme Trägheit der Stadt den Schock mildern: Es konnte leicht sein, dass Jahre vergingen, bis alle Einwohner sich bewusst mit der Tatsache abfinden würden, dass sie nicht allein auf Erden waren.

Wenn es aber nach Alvin ginge, würden die Dinge viel schneller in Bewegung kommen. Es gab Zeiten, da Rorden bedauerte, dass Seranis' Vorhaben missglückt war – alles wäre sehr viel einfacher gewesen. Das Problem war enorm, und zum zweiten Mal in seinem Leben konnte Rorden sich nicht entscheiden, welches Vorgehen richtig war. Er fragte sich, wie oft Alvin ihn noch in ein solches Dilemma stoßen würde, und er lächelte ein wenig kläglich bei dem Gedanken. Denn so oder so, es machte keinen Unterschied: Alvin würde tun, was ihm gefiel und was er für richtig hielt.

Bisher wussten, außer Alvins eigener Familie, nicht mehr als ein Dutzend Menschen, was geschehen war. Seine Eltern, mit denen ihn nur noch wenig Gemeinsames verband und die er oft wochenlang nicht sah, schienen noch immer zu denken, dass er in einem entlegenen Teil der Stadt gewesen sei. Jeserac hatte als Einziger heftig reagiert: Als er den anfänglichen Schock überwunden hatte, war er mit Rorden in Streit geraten, und die beiden sprachen nicht mehr miteinander. Alvin, der das hatte kommen sehen, glaubte den Grund zu kennen. Aber zu seiner Enttäuschung wollte keiner der Beteiligten über die Sache sprechen.

Es war immer noch Zeit, dafür zu sorgen, dass Diaspar die Wahrheit erkannte; einstweilen war Alvin zu sehr auf den Roboter konzentriert. Er glaubte, und Rorden stimmte ihm darin zu, dass die Geschichte, die er in Shalmirane gehört hatte, nur ein Bruchstück einer weit größeren Geschichte gewesen war. Anfangs war Rorden skeptisch gewesen, und er vertrat noch immer die Meinung, dass die »Großen« nicht mehr seien als einer der zahllosen religiösen Mythen der Menschheit. Nur der Roboter wusste die Wahrheit, und er hatte eine Million Jahre allen Befragungen getrotzt, so wie er ihnen jetzt trotzte.

»Das Dumme ist«, sagte Rorden, »dass es auf Erden keine Ingenieure mehr gibt.«

Alvin schaute ihn verständnislos an. Obwohl der Umgang mit dem Verwahrer der Aufzeichnungen seinen Wortschatz enorm vergrößert hatte, gab es noch immer Tausende von archaischen Worten, die ihm nichts sagten.



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